Das ein großes Erdbeben in der Türkei kommt, haben alle gewusst.
Die Frage war wann und wo? Die meisten haben gedacht, es würde in Istanbul passieren. Südostanatolien haben wenige im Auge gehabt.
Das Beben vom 6. Februar ist leider eines der schlimmsten Erdbeben der Menschheitsgeschichte geworden.
Hunderttausende Menschen haben ihr zu Hause im Südosten der Türkei verloren. Zehntausende sind verletzt. Zehntausende haben ihr Leben verloren. Nachwirkungen wird es noch für Jahrzehnte geben.
Was ist in Südostanatolien passiert?
Ein Erdbeben mit der Magnitude 7,8 Mw hat am 6. Februar 2023 um 04:17 Uhr ganze Häuserblöcke im Südosten der Türkei zerstört. Das Epizentrum war etwa 33 km nördlich der Millionenstadt Gaziantep.
Insgesamt ist ein Umkreis von etwa 400 Kilometern betroffen, darunter die Städte Gaziantep, Adana, Antakya, Kahramanmaraş, Malatya, Kilis, Osmaniye, Diyarbakır, Adıyaman und Şanlıurfa.
Nach Einschätzung der WHO sind etwa 23 Millionen Menschen vom Erdbeben betroffen. Die türkische Regierung hat in zehn Provinzen den Notstand für drei Monate ausgerufen.
Die Folgen sind noch nicht ganz absehbar. Sicher ist, dass zehntausende Gebäude abgerissen werden müssen. Es haben schon hunderttausende Menschen ihre Häuser direkt durch das Beben verloren. Die Anzahl der Todesopfer ist ebenfalls noch unklar, wird aber auf bis zu 60.000 Opfer geschätzt.
Es ist die schwerste Erdbebenkatastrophe in der Türkei seit dem Jahr 1268. Mit einer maximalen Mercalli-Intensität von IX (verwüstend) und einer Magnitude von 7,8 Mw ist es zusammen mit dem Erzincan-Erdbeben von 1939 auch das stärkste Erdbeben, das die Türkei nach Beginn der Aufzeichnungen getroffen hat.
Wie hoch ist das Erdbeben-Risiko in der Türkei?
Wer in den vergangenen Jahren einen Artikel zu Erdbeben in der Türkei gelesen hat, ist auf Vermutungen gestoßen, dass es einmal großes Erdbeben in Istanbul geben wird.
Nahe Istanbul treffen sich die Ränder der Anatolischen, Europäischen und der Ägäischen Kontinentalplatten. Die 16 Millionenstadt wartet darauf, dass etwas passiert. Kommt es heute, kommt es morgen oder erst in 50 Jahren? Istanbul ist darauf besser vorbereitet als andere türkische Städte. Aber Perfekt? Nein.
Ein Streifschuss war das verheerende Erdbeben von Gölcük nahe Istanbul mit 17.480 Toten im Jahr 1999. Es hat ein Umdenken in der Türkei gebracht. Trotzdem sind Neubauten in der Türkei nicht so erdbebensicher wie in Japan.
Das hat damit zu tun, dass der Anteil an Schwarzbauten in der Türkei auf einem anderen Niveau ist. Trotz Baumängeln werden Häuser oft im Nachhinein legalisiert. Was soll man auch machen, wenn sonst in einer Stadt ein zweistelliger Prozentsatz der Bevölkerung in illegalen Häusern wohnen würde? Es von vornherein richtig machen? Ja. Das wollen auch die Türken. Ich hätte gerne eine einfache Antwort darauf.
Andere Häuser, speziell in der Altstadt Fatih, stammen noch aus dem vergangenen Jahrhundert. Es sind Holzhäuser, die innerhalb der Stadtmauern des alten Konstantinopels entstanden sind. Türkische Wissenschaftler machen sich speziell um die Häuser Sorgen.
Wie hoch ist die Gefahr in anderen Teilen der Türkei?
Die Ägäisküste ist der Ort, an dem sich die Anatolische Platte mit der Ägäischen Platte und der Afrikanischen Platte trifft. Dadurch gibt es immer wieder Erdbeben. 2017 gab es ein Erdbeben der Stärke 5,3 in der Region Bodrum an der Ägäisküste. In der Türkei waren die Schäden gering. Auf der nahen griechischen Insel Kos sind zwei Menschen gestorben.
Je weiter du von der Ägäisküste in Richtung Antalya kommst, umso geringer ist das Risiko für schwere Erdbeben. Ja. Antalya befindet sich noch immer auf der Anatolischen Platte, unter die sich die Afrikanische Platte schiebt. Aber Antalya ist nicht der Treffpunkt von drei Platten, wie in Istanbul, an der Ägäisküste oder in Südostanatolien.
Hier müssen dir auch die Entfernungen in der Türkei klar sein. Antakya in der Provinz Hatay in Südostanatolien ist von Antalya 794 km mit dem Auto entfernt. Istanbul ist 696 Kilometer mit dem Auto von Antalya entfernt. Die Türkei ist doppelt so groß wie Deutschland.
Zum Vergleich, du fährst aus Berlin nach Wien 681 km. Falls es ein Beben in Antalya gibt, fällt es schwächer aus, was du in der Liste der schwersten Erdbeben von Eartquaketrack der letzten 100 Jahre siehst. Antalya ist deswegen eine Provinz, in der du dir in der Türkei weniger Sorgen vor Erdbeben machen musst. Das gilt auch für Zentralanatolien mit Kappadokien.
Soll ich wegen der Erdbeben-Gefahr nicht in die Türkei reisen?
Ich kann deine Frage verstehen, speziell jetzt nach dem Erdbeben in Südostanatolien. Du musst wissen, dass die Erdbeben-Gefahr in der Türkei schon immer da war. Besuchst du antike Ruinen in der Türkei, können dir die Reiseführer Geschichten von Erdbeben aus den vergangenen Jahrhunderten erzählen.
Wer in der Türkei lebt oder sich mit dem Land beschäftigt, weiß, dass es zu einem Erdbeben kommen muss. Es ist genauso wie Menschen, die in Neapel leben wissen, dass der Vesuv ausbrechen wird.
Die Türkei befindet sich an einem tektonisch aktiven Ort, so wie die Kanarischen Inseln, Hawaii, Indonesien, Japan, Island, der Süden von Italien, Griechenland und der Norden der Arabischen Halbinsel. Es kann immer etwas passieren.
Ich habe die halbe Welt gesehen. Wirklich. Ich komme in mehr als 20 Länder pro Jahr. Ich habe auch schon stärkere Erdbeben erlebt, einmal zum Sonnenaufgang mit Blick auf den Vulkan Agung in Bali. Die Einheimischen sind aus ihren Häusern gelaufen. An anderen Orten, zum Beispiel in Island, musst du alle paar Monate mit Erdbeben der Stärke 5 bis 6 rechnen.
Die Türkei ist kein Ort, an dem die Erde so häufig bebt wie in Island. Ich habe an meinen Plänen zur Türkei nichts geändert. Ich hoffe, dass das große Beben in Südostanatolien dafür sorgt, dass der Baustandard in der Türkei weiter steigt.
Und ich hoffe, dass die Menschen aus Südostanatolien eine Arbeit in den Hotels in Antalya haben. Sie verdienen ihr Geld im Sommer im Tourismus, bevor es im Winter zurück zu ihren Verwandten in den Südosten der Türkei geht.
Hilfe für die Türkei
Türk Kizil Ay (Türkischer Roter Halbmond)
Stichwort: „Erdbebenhilfe“ oder „Depremyardim“
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Stichwort: Nothilfe Erdbeben Türkei und Syrien
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ÖRK (Österreichisches Rotes Kreuz)
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